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Disziplinenspezifische Aspekte des Archivierens von Forschungsdaten am Beispiel der Psychologie

Publikationsdetails

Autoren:
Erich Weichselgartner
Nummer:
179/2011

Abstract
Durch die immensen Fortschritte bei der Digitaltechnik sind nahezu beliebig hohe Specherkapazitäten und weltumspannende Netzwerke selbstverständlich geworden. Der weitere Ausbau der Netzwerke zu Hochgeschwindigkeits-Grids ermöglicht neue Formen des wissenschaftlichen Arbeitens, die unter Begriffen wie e-Science oder virtuelle Forschungsumgebungen subsumiert werden. Digitale Objekte aller Art, seien es Texte, Bilder, Filme oder Tonaufzeichnungen, werden rund um den Globus archiviert und häufig kostenlos bereitgestellt. Fachdatenbanken wie PubMed oder Volltext-Repositorien wie arXiv sind Beispiele aus Medizin und Physik für den Technik-indizierten Wandel hin zu freier Verfügbarkeit wissenschaftlicher Information. Durch die Aufhebung der Speicherplatzbeschränkung geraten auch Bestandteile des wissenschaftlichen Forschungsprozesses in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit, die man jahrzehntelang wenig beachtet hat: War es noch im 19. Jahrhundert in der Psychologie durchaus üblich, Forschungsdaten als Anhang von Publikationen abzudrucken, wurde dies im 20. Jahr-hundert eingestellt. Erst im 21. Jahrhundert besinnt man sich wieder darauf, dass das Archivieren und Weitergeben von Forschungsdaten (data sharing) eine Vielzahl von Vorzügen hat. Die Möglichkeit zu Reanalysen und Metaanalysen einerseits, und die Vermeidung teurer Doppeluntersuchungen andererseits seien nur beispielhaft genannt.
Die erwähnten Vorzüge treten aber nur dann zutage, wenn die archivierten Forschungsdaten dauerhaft interpretierbar sind. Dazu müssen sie einerseits in einem Format gesichert werden, das robust gegenüber dem Technikwandel ist. Andererseits sind standardisierte Metadaten beizufügen, die sowohl die Variablen (Kodebuch) als auch die zugehörige Studie in toto (Kontext) umfassend beschreiben. Das psychologi-sche Datenarchiv PsychData des Leibniz-Zentrums für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) setzt zur Festschreibung der Metadaten auf die Standards DC (Dublin Core metadata element set) und DDI (Data Documentation Initiative metadata specification for the social sciences). Zum Kontext gehören die Dokumentation des Erhebungsprozesses und der Erhebungsmethoden, sowie die Beschreibung der zugrunde liegenden Studie und ihres theoretischen Hintergrundes. Die Besonderheiten der psychologischen Forschung erfordern eine exakte und umfassende Dokumentation der Datenerhebung, weil es in der Psychologie kaum Normeinheiten wie den Archivmeter für die physikalische Längenmessung gibt. Deshalb ist es in der Psychologie auch so wichtig, die Forschungskultur im Fach dahingehend zu beeinflussen, dass eine for-schungsbegleitende systematische Dokumentation von Datensätzen erfolgt. Spätere Rekonstruktionen binden ein Vielfaches der Ressourcen, als bei einer zeitnahen Doku-mentation der Daten im Kontext der Erhebung benötigt worden wären. Da sich die psychologische Forschung mit dem menschlichen Erleben und Verhalten beschäftigt, ist der Anonymisierung der Daten und dem Datenschutz größte Aufmerksamkeit beizumessen.

Keywords: Psychologie, Forschungsdaten, Archivierung