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05
Nov
2019

Gesundheitsdaten schützen und nutzen: Zugang für unabhängige Forschung in FDZ

Der RatSWD begrüßt die geplante Novellierung der §§ 303a ff. SGB V zum Aufbau eines Forschungsdatenzentrums (FDZ) für die gesundheitlichen Versorgungsdaten mit Nachdruck. Die aktuelle Diskussion verdeutlicht Klärungsbedarf bzgl. des Datenschutzes, der in vergleichbaren FDZ bereits seit vielen Jahren etabliert ist. Die gesundheitlichen Versorgungsdaten bieten der wissenschaftlichen Forschung ein enormes Analysepotential; gleichzeitig sichert die wissenschaftliche Nutzung die Qualität der Daten und verspricht gesellschaftsrelevante Innovationen und Verbesserungen in der Versorgung.

Es ist dem Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) ein besonderes Anliegen, dass mit der Einrichtung eines auf Gesundheitsdaten (GKV-Versorgungsdaten) fokussierten FDZ für die Forschungspraxis eine datenschutzkonforme und nutzungsfreundliche Ausgestaltung des Datenzugangs, der Datenbereitstellung sowie eine verbesserte Nutzendenbetreuung einhergehen. Das FDZ sollte mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden, um die in der Novellierung vorgesehenen Aufgaben bewältigen zu können. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 19/13438, stellt wichtige Weichen.

Dem geplanten FDZ wird nach § 303e SGB V-neu die Aufgabe übertragen, die anonymisierten und aggregierten (Abs. 3) – in begründeten Einzelfällen auch pseudonymisierten (Abs. 4) – Daten den Nutzungsberechtigten zur Verfügung zu stellen. Die nachfolgenden Punkte bewertet der RatSWD als unerlässlich für ein FDZ, das eine wissenschaftliche Nachnutzung der Daten ermöglicht und damit die Forschung vieler Disziplinen voranbringt. Diese Eckpunkte basieren auf Erfahrungen von inzwischen 34 durch den RatSWD akkreditierten FDZ.

Zeitnahe Datenbereitstellung
Der RatSWD sieht in der nunmehr direkten und früheren Datenübermittlung durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV Spitzenverband) an die Vertrauensstelle nach § 303b SGB V-neu einen wichtigen ersten Schritt für eine schnellere Datenverfügbarkeit. Die direktere Bereitstellung der Daten sollte sich auch in einer kurzfristigeren möglichen Nachnutzung im FDZ niederschlagen. Dazu bedarf es eines adäquaten Datenaufbereitungs- und Datenbereitstellungskonzeptes und einer angemessenen Personalausstattung. Der skizzierte Erfüllungsaufwand für das FDZ stellt eine gute Basis dar, die die dynamische Entwicklung in der Nutzung der Forschungsdaten notwendigerweise bereits mitdenkt. Eine zeitlich planbare Nutzung der Versorgungsdaten dürfte dadurch unterstützt werden.

Datenzugangswege
Die geeignete – und datenschutzkonforme – Art der Datenbereitstellung variiert je nach Sensibilität der Daten. Die vom RatSWD akkreditierten FDZ verfügen in der Regel über verschiedene Datenzugangswege (RatSWD, Tätigkeitsbericht 2018, S. 24). Dies steigert die Nutzbarkeit der Daten und damit auch die Häufigkeit der tatsächlichen Nachnutzung.
Der RatSWD begrüßt daher, dass nach § 303e Abs. 4 Satz 2 SGB V-neu die Möglichkeit vorgesehen wird, den Nutzungsberechtigten pseudonymisierte Einzelangaben bereitzustellen.

Zum Hintergrund: Die Bereitstellung von schwach anonymisierten Mikrodaten erfolgt bei den vom RatSWD akkreditierten FDZ über Gastwissenschaftsarbeitsplätze (GWAP), kontrollierte Datenfernverarbeitung (KDFV) oder Remote Access. Die Bereitstellung stärker anonymisierter Forschungsdaten, oftmals herbeigeführt durch Aggregation, erfolgt über die standardisierte Bereitstellung von Scientific Use Files (SUF). Noch stärker aggregierte Datensätze können im Einklang mit dem Datenschutzrecht als Public oder Campus Files (PUF und CF) unter entsprechend geringeren Zugangshürden bereitgestellt werden.

Service für Nutzende
Neben der Datenbereitstellung sollte das FDZ über ein Servicekonzept für die Betreuung der Datennutzenden verfügen und hierfür entsprechende Ressourcen einplanen. Das Servicekonzept beinhaltet vor allem die Betreuung der Datennutzenden und die Bereitstellung ausreichender Arbeitshilfen. Aber auch Qualifizierungs- und Informationsangebote zu den angebotenen Daten – bspw. in Form von Schulungen, Workshops oder Webinaren – sind Teil eines nutzendenorientierten Servicekonzeptes.
Der RatSWD begrüßt daher, dass in § 303d Abs. 1 lit. 8 SGB V-neu die Beratung der Nutzenden und in § 303d Abs. 1 lit. 9 SGB V-neu Schulungsmöglichkeiten für Nutzungsberechtigte explizit vorgesehen sind.
Zum Hintergrund: Im Jahr 2018 haben die vom RatSWD akkreditierten FDZ knapp 100 Qualifizierungsmaßnahmen wie Schulungen, Workshops und Konferenzen angeboten (RatSWD, Tätigkeitsbericht 2018, S. 29). Hier wurde neben der datenschutzkonformen Handhabung der Daten auch das Analysepotential der angebotenen Daten vermittelt. Dieses Engagement der FDZ stellt einen wichtigen Baustein der Nutzendeneinbindung sowie der Qualitätssicherung des Services dar. Der vorgesehene Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten (§303d Abs. 2 SGB V-neu) ist ein zweiter wichtiger Baustein für die weitere Ausgestaltung und Qualitätssicherung der Services des FDZ.

Förderung der Datennutzung
Die Gesetzesnovellierung sieht in § 303d Abs. 1 lit. 10 SGB V vor, dass die wissenschaftliche Erschließung der Daten durch das FDZ zu fördern ist. Die vom RatSWD akkreditierten FDZ nutzen insgesamt mehr als neun verschiedene Kommunikationswege, um das Datenangebot in der Wissenschaft bekannt zu machen (RatSWD, Tätigkeitsbericht 2017, S. 25). Am häufigsten wird das Datenangebot über die eigene Webseite, Vorträge auf Konferenzen, Metadatenportale, Publikationen, Flyer und Poster und den eigenen Newsletter kommuniziert (ebd.). Das geplante FDZ sollte diese Wege nutzen, um sein Daten- und Serviceangebot bekannt zu machen.

Entgeltkatalog
Nur ein kleiner Teil der vom RatSWD akkreditierten FDZ erhebt Gebühren für die Datennutzung (RatSWD, Tätigkeitsbericht 2018, S. 20). Um die Zugangshürden für Datennutzende so gering wie möglich zu halten, empfiehlt der RatSWD einen möglichst kostengünstigen – idealerweise kostenfreien – Zugang zu den Forschungsdaten.