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Bildung vor Bologna – Bilanz einer Zwischenzeit

Das zentrale Problem des modernen Erziehungssystems und seine Lösung in einem gesellschaftlichem Experiment: Über 20 Jahre geisteswissenschaftliche Bildung als Ausbildung

Publikationsdetails

Autoren:
Carsten Zorn
Nummer:
29/2008

Abstract
Die Studie rekonstruiert zunächst, mit Hilfe der Gesellschaftstheorie Niklas Luhmanns, die besondere strukturelle Problemlage des modernen Erziehungssystems. Dabei wird insbesondere hervorgehoben, wie die Erfüllung der Funktion des Erziehungssystems (die Qualifizierung für Lebensläufe und Karrieren) durch die inzwischen erreichte Dynamik moderner Gesellschaft erschwert wird: Das System hat für Lebensläufe in einer in ihren Einzelheiten immer weniger voraussehbaren Zukunft zu qualifizieren; es agiert unter Bedingungen immer offensichtlicher werdender Ungewissheit. Vor diesem Hintergrund wird dann gezeigt, dass geisteswissenschaftliche ‚Bildung durch Wissenschaft’ eine dieser Lage besonders gut anpasste Problemlösung darstellt: Während ‚praxisorientierte’ Bildung Fertigkeiten vermittelt, die unmittelbar auf bestimmte Anforderungen zielen, vermittelt ‚Bildung durch Wissenschaft’ Fertigkeiten, die auch noch mittelbar nützlich sind, wenn gesellschaftliche Anforderungen sich fundamental ändern – wie in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten. Darum wird dieser Zeitraum hier auch wie ein ‚Testfall’ für die genannte These behandelt. Da in dieser Zeit immermehr Geisteswissenschaftler auf den allgemeinen Arbeitsmarkt drängten, ist es sozusagen zu einer unmittelbaren Konfrontation von ‚Bildung durch Wissenschaft’ mit den Übergängen zur Risiko- und dann zur Wissensgesellschaft gekommen. In so angeleiteten Auseinandersetzungen mit der jüngeren Vergangenheit ergibt sich im Hinblick auf ‚Bildung durch Wissenschaft’ schließlich eine Bilanz, vor deren Hintergrund der aktuelle Übergang zu sehr weitgehender Praxisorientierung im Studium zumindest riskant erscheint