Wie schafft es die Zahl in die Politik?
Indikatorensätze im Spannungsfeld zwischen politisch Gewünschtem und statistisch Machbarem
Publikationsdetails
Abstract
Will die Politik evidenzbasierte Entscheidungen über die Steuerung gesamtgesellschaftlicher Wohlfahrt und Lebensqualität treffen, so bedarf sie statistisch abgesicherter Informationen über die vergangene, aktuelle und auch künftige Entwicklung relevanter Phänomene. Vor dem Diktum einer nachhaltigen Entwicklung sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche neue Ansätze der Wohlfahrtsmessung entstanden. Sie sollen es Politikern, aber auch der Öffentlichkeit erleichtern, mit möglichst geringem Aufwand effektiv Informationen über den gesellschaftlichen Fortschritt zu gewinnen. Dahinter steht die Einsicht, dass das Bruttoinlandsprodukt kein geeigneter, umfassender Wohlfahrtsindikator ist.
Eines der jüngsten Beispiele ist der deutsche W3-Indikatorensatz der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“. Das vorliegende Papier führt den Prozess der Konstruktion alternativer Wohlfahrtsmaße (Operationalisierung) einer allgemeinen Systematik zu. Darüber hinaus werden anhand eines Drei-Stufen-Modells strukturimmanente Divergenzen zwischen dem politisch Gewünschten und dem statistisch Machbaren gezeigt. Diese Divergenzen werden anhand der Ergebnisse der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ veranschaulicht. Es lässt sich zeigen, dass für evidenzbasierte politische Entscheidungen nicht nur die Konstruktion eines alternativen Wohlfahrtsmaßes erforderlich ist. Vielmehr hat es die Zahl erst dann in die Politik geschafft, wenn dort der Wille zu einer Perspektivenerweiterung bei der Wohlstandsmessung vorhanden ist. Nur dann werden die Ergebnisse der Enquete-Kommission – oder ähnlicher Institutionen – umgesetzt.